Das traurige Schicksal der THISTLEGORM

Hallo liebe Tauch-Buddys,

ich habe mich schon ein bisschen für die Tauchspots eingelesen. Nils bat mich, zur THISTLEGORM für Euch alle etwas zu schreiben. Mache ich doch gerne 🙂

Karte der S.S. THISTLEGORM

Der britische Frachter S.S. (für Steam Ship) THISTLEGORM (bedeutet übersetzt „Blaue Distel“) hatte ein trauriges Schicksal: Das Schiff fuhr nur 18 Monate über die Meere und wurde auf seiner vierten Reise von einem deutschen Bomber im Roten Meer versenkt!

Im April 1940 – also im 2. Kalenderjahr des 2. Weltkriegs – lief das 126 m lange Schiff im nordenglischen Sunderland bei der englischen Werft Joseph L. Thompson & Sons Limited vom Stapel und wurde aufgrund der feindlichen Auseinandersetzungen mit Nazi-Deutschland ausgerüstet mit Kanonen und Maschinengewehren für die Flugabwehr und die Bekämpfung von Überwasserzielen.

Im August 1941 startete die THISTLEGORM von Glasgow aus zu ihrer letzten Reise. An Bord hatte die THISTLEGORM Waffen, Munition, LKW’s, Panzer, Motorräder und sogar 2 Lokomotiven sowie mehrere Eisenbahnwaggons geladen für die 8. englische Armee, die sich in Nordafrika im Kampf mit Rommel’s Afrikakorps befand. Aufgrund der deutschen U-Boot- und Luftwaffen-Bedrohung wählte die britische Admiralität aufgrund der Wichtigkeit der Ladung nicht den Weg durchs Mittelmeer, sondern den wesentlich weiteren und vermeintlich sicheren Weg um das Kap der Guten Hoffnung. Am 24.09.1941 wurde die THISTLEGORM im Golf von Aden einem Konvoi von 20 Schiffen unter dem Schutz des Kreuzers HMS Carlisle zugeordnet und verlegte in nördliche Richtung. Da der Suezkanal durch ein Wrack blockiert war, endete die Reise östlich der Südspitze der Sinai-Halbinsel am Ankerplatz „Safe Anchorage F“ beim Riff Sha’ab Ali.

Nachdem die THISTLEGORM dort 10 Tage gewartet hatte, wurde sie am 6. Oktober 1941 von Bombern der II. Gruppe des Kampfgeschwaders 26 entdeckt, die von der eroberten Mittelmeerinsel Kreta aus aufgestiegen waren, um das zu einem Truppentransporter umgebaute Kreuzfahrtschiff QUEEN MARY zu versenken. Die QUEEN MARY war von Australien aus gestartet mit Ersatztruppen für die englische Afrika-Armee und während ihrer Reise aufgehalten worden; da man den Truppentransporter nicht fand, entschied sich die Besatzung der deutschen Heinkel He 111, die THISTLEGORM als lohnendes Ziel im Tiefflug anzugreifen. Eine oder sogar beide Spezialbomben zur Schiffbekämpfung trafen die THISTLEGORM im hinteren Teil auf Höhe des vierten Laderaumes. Der Treffer brachte einen Teil der Munitionsfracht zur Explosion und wahrscheinlich auch die unter Druck stehenden Dampfkessel im Maschinenraum. Durch eine Serie von Explosionen brach das Heck ab, und das Schiff sank innerhalb weniger Minuten. Beim Untergang starben 9 Besatzungsmitglieder, die 30 Überlebenden wurden von den anderen Schiffen des Konvois gerettet. Das Flugzeug, das die THISTLEGORM versenkt hatte, wurde von der HMS Carlisle abgeschossen. Die Bomberbesatzung geriet in australische Gefangenschaft und überlebte dort den Krieg.

Die THISTLEGORM wurde 1956 von keinem geringeren als Jacques Cousteau bei einer Expedition mit der CALYPSO entdeckt … und geriet anschließend wieder in Vergessenheit. Erst 1991 wurde es erneut von einer Gruppe deutscher Sporttaucher entdeckt. Dass sich das Schiff zu einem der beliebtesten Tauchspots weltweit entwickeln würde, liegt an diversen Bedingungen: Das Hauptteil des Schiffes liegt auf ebenem Kiel (!) in 30 m Tiefe auf Sandgrund, die Brücke ragt bis etwa 17 m auf. Das Heck ist abgesprengt und liegt mit einer Neigung von etwa 45 Grad auf dem Grund. Es ist durch den Bombentreffer und die folgenden Explosionen stark beschädigt, trägt aber immer noch die Flugabwehrkanone und ein weiteres Geschütz. Es gibt noch mehr zu entdecken: Im Trümmerfeld zwischen beiden Schiffsteilen liegen Reste von Lastwagen, kleine kettengetriebene Fahrzeuge vom Typ Mark II Bren Gun Carrier und Granaten aller Kaliber. In der Nähe steht eine beschädigte Dampflok auf dem Meeresgrund. Sie wurde durch die Explosionen vom Schiff weggeschleudert. Durch den aufgerissenen Laderaum 3 kann man in das Schiffsinnere hineintauchen und gelangt von dort in den Laderaum 2, der noch immer mit Motorrädern und LKW‘s beladen ist. Die Tauchbedingungen sind (fast) ideal: Das Rote Meer ist dort sehr warm (im Oktober noch bis 30°C), die Sicht an guten Tagen ist bis 30 Meter sehr gut. Allerdings herrscht fast immer eine starke Strömung; alle Tauchgänge sind somit Strömungstauchgänge und erfordern entsprechende Vorkehrungen! Bedauerlicherweise hat durch den Massentourismus das Wrack stark gelitten und auch dem Alter und Korrosionszustand ist es geschuldet, dass sich z.B. das Oberdeck unter den Eisenbahnwaggons stark durchbiegt. Durch die Souvenirjäger hat auch der Riffbewuchs des Wracks erheblich gelitten; nichtsdestotrotz gibt es dort z.B. Barrakudas, Thunfische und Snapper zu sehen.

Alles in allem ein TOP-Tauchevent, auf das ich mich riesig freue … und wer weiß, wie lange die THISTLEGORM noch betauchbar ist!

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